29.08.2025
Immer wieder bohrt sich der Spaten in das Erdreich, tiefer und immer tiefer dringt er vor. Unermüdlich schaffen die Jugendlichen eine Fuhre Erde nach der anderen beiseite, während sich unter den gleißenden Sonnenstrahlen ein Gemisch aus Dreck und Schweiß auf ihren Stirnen sammelt.
Statt die Sommerferien an der kühlen See oder in einem fremden Land zu verbringen, haben sich insgesamt 17 Jungen und Mädchen in diesem Sommer der Archäologie verschrieben. Mit Pinsel, Schaufel und viel Neugier suchen sie vom 24. bis zum 29. August 2025 im Rahmen des Sommercamps „Junge Archäologen Prignitz“ auf der Burg Putlitz Schätze längt vergangener Zeiten. Im Fokus liegen dabei die Gebäudereste der alten vermeintlichen Kapelle, verdeckte Gebäudestrukturen und der frühere Burggraben mit seiner einstigen Befestigung.
Die mittelalterliche Burganlage, die nun zum Schauplatz archäologischer Grabungen wird, war einst der Sitz der Familie Gans zu Putlitz – einem einflussreichen Adelsgeschlecht, welches die Prignitz über Jahrhunderte hinweg maßgeblich prägte. Heute sind nur noch Reste sichtbar, doch im Boden schlummern viele Spuren, die Aufschluss über die Bauweise, den früheren Alltag und die jahrhundertealte Geschichte der Burg geben.
An den Jugendlichen ist es nun, genau diese Spuren zu finden, sie zu dokumentieren und auszuwerten. Begleitet werden sie über die sechs Grabungstage von Gordon Thalmann, Sachbereichsleiter Denkmalschutz des Landkreises Prignitz, Torsten Foelsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Stadt- und Regionalmuseums, Torsten Hauptmann als Ausgrabungsleiter, ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern des Landkreises Prignitz sowie von drei Archäologie-Studenten der Martin-Luther-Universität Halle.
Einige Gesichter der Jugendlichen kennt man, andere wiederum sind neu. So nimmt auch die zwölfjährige Olga das erste Mal an dem Camp teil, ist dafür extra aus Berlin angereist. Dass sie ein gewisses Interesse für die Archäologie hegt, ist kein Wunder, schließlich wurde ihr das schon in die Wiege gelegt. „Meine Mutter ist Restauratorin. Ich war schon als Kind auf einigen ihrer Ausgrabungen dabei“, erzählt sie munter, während sie im Boden sorgfältig nach alten Schätzen sucht. „Wir haben schon Einiges gefunden, Keramik und Knochen.“
Natürlich sind das aber keine Menschenknochen, kann Gordon Thalmann gleich beruhigen. Einige Gebeine stammen von Rindern, andere von Schweinen. Auch Überreste von Hühnern oder Wild sind möglich, „wir werden das Knochenmaterial aber auch nochmal archäozoologisch untersuchen lassen, um genauere Vorstellungen zu haben“, erklärt Thalmann.
Das soll es mit den Funden aber natürlich noch nicht gewesen sein: Baukeramik, Importware, Münzgeld, ein mittelalterlicher Fingerhut, Musketenkugeln und Backsteine mit mysteriösen Innenschriften – all das wird rund um die Burg Putlitz zu Tage befördert. Besonders spannend: „Wir haben auch Reste von Austern- und Miesmuschelschalen gefunden“, berichtet Thalmann. „Daran sieht man, die Familie Gans zu Putlitz hat es sich gut gehen lassen. Daran sieht man, wie viel Aufwand hier früher betrieben wurde. Die Muscheln mussten von der Küste hierher befördert werden und das in kürzester Zeit, schließlich wären sie sonst irgendwann ungenießbar gewesen.“
Ebenfalls fleißig am Graben ist auch der 17-jährige Kai-Merlin aus Putlitz. Zwar möchte er später kein Archäologe werden, an dem Camp teilnehmen wollte er aber dennoch unbedingt: „Ich habe von dem Camp im Amtsblatt gelesen und dann meine Eltern gefragt. Ich interessiere mich sehr für das Mittelalter und Ritter.“ Auch er konnte schon Knochen und Keramik im Bodenreich ausfindig machen, „aber mein größter Wunsch wäre es, eine Ritterrüstung zu finden“, fügt er mit einem Grinsen hinzu.
Doch auch wenn es bei dieser Grabung vielleicht nicht die Ritterrüstung wird, ist Gordon Thalmann mehr als zufrieden. „Die Arbeit mit den Jugendlichen macht super viel Spaß. Es geht ja auch nicht darum, große Schätze zu heben, sondern um die Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Diese wollen wir voranbringen. Wir wollen hier nicht künftige Archäologen ausbilden, sondern den Jugendlichen für ihren weiteren Weg etwas aus der Regional- und Heimatgeschichte mit auf den Weg geben und sie für baukulturelle und archäologische Erbe sensibilisieren.“
Dieses Engagement war es auch, was letztlich die Jury des Deutschen Preises für Denkmalschutz überzeugte. Im Juli diesen Jahres gewann das Gemeinschaftsprojekt „Junge Archäologen Prignitz“ in der Kategorie Vermittlungspreis. „Das erfüllt uns mit Stolz und Dankbarkeit“, so Gordon Thalmann und Torsten Foelsch. „Es bestärkt und ermuntert uns vor allem darin, weitere schöne Sommerzeltlager für die Jungen Archäologen Prignitz an spannenden archäologischen Plätzen der Heimat durchzuführen. Heimat- und Landesgeschichte zu erforschen und der Jugend – damit auch indirekt den Eltern – zu vermitteln, bleibt unser Hauptanliegen.“
Und dementsprechend gibt es auch schon Pläne für das nächste Jahr, verrät Thalmann. 2026 könnten die Zelte des Gemeinschaftsprojektes der Rolandstadt Perleberg und des Landkreises Prignitz in Kooperation mit dem Förderkreis Prignitzer Museen an einem slawischen Burgwall in Nähe Postlin/Dallmin stehen. „Wir sind gespannt, was uns da erwartet“, so Thalmann.
Letztlich wäre das Projekt aber auch nicht ohne die Hilfe regionaler Akteure umsetzbar. Finanzielle Unterstützung kommt in diesem Jahr von der Sparkasse Prignitz und vom Prignitz-Sommer. Die technische Ausstattung stammt aus dem DRK-Katastrophenschutz-Depot in Falkenhagen. Auch die Stadt und das Amt Putlitz unterstützen das Lager mit der
Bereitstellung von Sanitärräumen und der Sporthalle. Technische Hilfestellung kommt vom Bauhof der Stadt Putlitz. Alle Helfern und Akteuren gilt ein großes Dankeschön.
© Landkreis Prignitz