27.06.2025
Geschäftiges Treiben herrschte in den vergangenen Tagen rund um die Burgruine im Gutspark in Mesendorf. Dort waren bis zum Mittwoch KulturGutRetter im Einsatz. Das Ziel: Dokumentation, Grundsicherung und Erste Hilfe für das mittelalterliche Gemäuer.
Die 18 Projektteilnehmenden probten in Mesendorf den Einsatz im Katastrophenfall.
KulturGutRetter sind eine zivile Einheit, die nach Naturkatastrophen wie Erdbeben oder kriegsbedingten Zerstörungen im Ausland zum Einsatz kommt, erklärt Dr. Tobias Busen. Der wissenschaftliche Referent für Baudenkmalpflege und Kulturerhalt an archäologischen Stätten beim Deutschen Archäologischen Institut in Berlin ist überzeugt: „Kulturgut ist ein wichtiges Element des gesell-schaftlichen Lebens und der Identität der Menschen vor Ort.“
Die vom Auswärtigen Amt finanzierte Cultural Heritage Response Unit (CHRU) wird seit 2019 aufgebaut. Bisher gehören rund 100 Freiwillige dazu: Muse-umsleiter, Archäologen, Ingenieure und viele andere Fachleute. „Bei Einsätzen arbeiten wir mit dem Technischen Hilfwerk (THW) zusammen“, so Dr. Busen.
Während sich das THW um die Rettung von Mensch und Tier kümmert, küm-mern die KulturGutRetter um die Rettung von mobilen oder immobilen (unbe-weglichen) Kulturgütern. Das kann wie in Mesendorf die Sicherung eines his-torisch wertvollen Bauwerkes sein, der Abtransport von Ausstellungsstücken oder die Lieferung von Material ins Kriegsgebiet.
Im September 2024 fand im Schloss Demerthin (Gemeinde Gumtow) die erste Vollübung der CHRU statt. In einem fiktiven Erdbebenszenario trainierten 42 Fachleute den internationalen Kulturgutschutz nach einem Erdbeben. Bei einem Einsatz arbeiten die Teilnehmer für etwa zehn Tage zusammen.
Für die aktuelle Übung fiel die Wahl auf die Burgruine in Mesendorf. Die Stabsstelle war im Gemeindehaus eingerichtet. Dort wurden alle Daten er-fasst. „Wir proben nicht nur technische Abläufe und den praktischen Einsatz unserer Ausrüstung“, erklärt Dr. Tobias Busen.
Rund drei Paletten mit Technik und Material stehen für den Notfall bereit. Nicht alles kann in den fertig gepackten Aluminiumkisten mitgebracht wer-den. Deshalb wird auch die Materialbeschaffung koordiniert. Zudem muss al-les mit den Behörden vor Ort abgestimmt werden.
In diesem Fall waren das die Stadt Pritzwalk und der Sachbereich Denkmalschutz beim Landkreis Prignitz. Sachbereichsleiter Gordon Thalmann: „Einsatz-leitung, Helfer und Ablauf waren höchst professionell – die Einbindung der örtlichen Denkmalschutzbehörde war ein wichtiger Baustein im Übungsszena-rio.“ Er dankte den Mitarbeitern der Stadtverwaltung Pritzwalk und dem Bau-hof, „die die Flächen in Mesendorf freigestellt haben“.
Die Burgruine wurde zunächst detailliert dokumentiert. Die KulturGutRetter nahmen die geografischen Daten auf, vermaßen, machten Fotos – auch mit ei-ner Minidrohne – und bewerteten Schäden. Alle Informationen werden in eine ausführliche Dokumentation aufgenommen, die später den Verantwortlichen vor Ort zur Verfügung gestellt wird.
Im zweiten Schritt ging es an die Notsicherung der Burgruine.
Unter anderem wurde ein Eisenanker in eine instabile Wand eingesetzt, lose Steine befestigt und Mauerwerk verputzt. Dr. Tobias Busen: „Dafür haben wir Mörtelproben genommen und neuen hergestellt.“ In diesem Fall ist es Heißmörtel, der schneller aushärtet. Die Burgruine Mesendorf kam so in den Genuss einer Konservierung. Im Ernstfall ist die CHRU etwa zehn Tage im Einsatz. Dann übernehmen wieder Fachleute vor Ort.
© Landkreis Prignitz